Sie sind hier: Gemeindebrief > A - Z > Predigt + Andacht - Archiv

Andacht- und Predigt Archiv

Zum Sonntag: I have a dream...

Veröffentlicht am Sa, 28.07.2018

Bürgermeister und Stadträte beraten über ein neues Verkehrskonzept und steigen danach einträchtig auf ihre Fahrräder, der eine mit, der andere ohne Motor; der Löwe liegt einträchtig neben dem Lamm; der Innenminister lächelt nicht in die Kamera, sondern lächelt die Kanzlerin an und sie beschließen, dass es bereits genügend Grenzen gibt auf der Welt; alle Durstigen bekommen genügend Wasser; Fußballer aller Nationalitäten spielen mit- und gegeneinander aus bloßer Freude am Spiel; ein neuer Himmel, eine neue Erde: Jesaja, der Prophet, träumt, ich träume mit in dieser Sommerzeit, in der es so heiß ist, dass die Ratio kurz aussetzt und nur noch das Eingang in den Kopf findet, was unmittelbar einleuchtet.

Ich habe einen Traum, und erinnere mich an den von Martin Luther King, der vor etwas über 50 Jahren ermordet wurde, weil er seine Träume gelebt hat. Er, jener "Extremist der Liebe", der gewaltlosen Widerstand predigte, kam gewaltsam um, aber geträumt hat er nicht umsonst. Sein Heilsbild aus der berühmten Rede "I have a dream" ist nicht vollständig Wirklichkeit geworden, aber es ist etwas von dem passiert, was er geträumt hat. Seine Wirklichkeit, mögen Sie einwenden, war noch nicht so unübersichtlich wie die heutige, die globalisierte, zerrissene, bedrohte Welt. Wir könnten mühelos aufzählen, was seit den 60er Jahren alles passiert ist und mutlos werden angesichts all der Möchtegern-Löwenmännchen ringsum, die Lämmer und anders denkende Artgenossen nur als Futter betrachten. Doch hätte Jesaja, hätte King sich vollständig entmutigen lassen von einer dystopischen Welt, in der die Apokalypse bereits stattgefunden zu haben scheint, wären ihre Träume bloße Schäume geblieben. Sie haben aber die Bilder aus ihren Träumen weitererzählt und so gehandelt, als wären sie am Ziel ihrer Handlungen und sie dadurch verwirklicht. Es ist selbstverständlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind. Gleich welcher Nationalität, Hautfarbe, Geschlecht, Religion. Es ist... statt: es müsste. Tun wir einmal so, als ob wir die Heptapoden aus Villeneuves Film "Arrival" wären, die die Zukunft bereits wissen und sich vom Ziel leiten lassen. Wir träumen und unsere Träume sind so wahr, dass sie, nein: dass wir die Wirklichkeit verändern.

Zur Übersicht

Die wöchentlichen Andachten
evangelischer bzw. ökume-
nischer Autorinnen und Autoren (Angedacht KWZ
und Zum Sonntag, LKZ)
werden zeitnah in diesem
Archiv erfasst.