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Andacht- und Predigt Archiv

Zeit der Veränderung

Veröffentlicht am Fr, 07.03.2014
von Franz Nagler
Pfarrer / Kath. Kirche, Kath. Kirchengemeinde St. Martinus Kornwestheim

Die Fastenzeit hat begonnen. Von Bertold Brecht stammt die folgende Keunergeschichte: Ein Mann, der Herrn K. lange Zeit nicht gesehen hatte, begrüßte ihn mit den Worten: „Sie haben sich gar nicht verändert.“ „Oh“, sagte Herr K. und erbleichte. Die Fastenzeit ist eine Zeit,  die Veränderung will, denn am Ende soll sich Auferstehung ereignen. Es ist der Kernpunkt des Christentums, dass nichts Totes einen endgültigen Status hat. Alles drängt zum Geheimnis der Auferstehung. Der Glaube an den Gott des Lebens befreit aus psychischen, gesellschaftlichen, politischen  Zwängen, sonst ist es kein Glaube an den Gott des Lebens, allenfalls an bestimmte Gesellschaftsgötzen. Daher lohnt es die 40-tägige Fastenzeit als einen Weg zu sehen, der uns einlädt Sperren, Engen, Gefängnisse bei sich selbst, wie in der Gesellschaft wahrzunehmen, um dann Wege zu suchen, als Einzelner, in Gemeinschaft, die das Wunder der Auferstehung erleben lassen. Ostern kann nur gefeiert werden, wenn solche Wege gegangen werden.
In die Fastenzeit fällt auch das kirchliche Hilfswerk Misereor. Misereor heißt wörtlich übersetzt: Mich erbarmt. Dieses Wort spricht auf eine sogenannte „Mitleidsethik“ an, die im Anschluss an Denker, wie Hume, Adam Smith und Arthur Schopenhauer formuliert wurde. Üblicherweise denkt man, dass eine allgemeinverbindliche Moral nur auf Vernunftgründe, auf rationale Erwägungen bauen darf. Die Mitleidsethik fordert dagegen, dass wir andere Lebewesen stets so behandeln, als ob wir mit ihnen fühlen würden. Sobald wir ernsthaft versuchen nachzuempfinden, wie es ihnen geht, wissen wir auch, was zu tun ist, - so die These. Wahrscheinlich ist eine Mischung aus beiden Thesen der gute Weg. Misereor gibt nun folgende bedenkenswerte Anfragen an die Hand: Wohin gehst du Mensch? Zu wem gehörst du Mensch? Wovon träumst du Mensch? Wie lebst du Mensch? Mit wem teilst du Mensch? Wer bist du Mensch? Solche Fragen  wollen im Sinne einer Mitleidsethik verstanden  werden. Gehen wir zu Menschen in Not? Gehörst du denjenigen, die dich brauchen? Träumst du von Gottes gerechter Welt für alle? Lebst du mit dem Wissen, dass die Ressourcen für alle reichen sollen? Teilst du mit denen, die auf dich hoffen? Weist du, dass du nur Mensch im Miteinander bist? In der Fastenzeit laden die Kirchen an jedem Mittwoch um 18.00 Uhr zu einem Taizégebet ein, bei dem solche Fragen gestellt werden. Also:Wohin gehst du, Mensch
in dieser Nacht und an allen Tagen
deines Lebens
wohin gehst du, Mensch
mit deiner Sehnsucht nach Gerechtigkeit
wohin gehst du, Mensch
mit deinem Mut, die Welt zu bewegen
wohin gehst du, Mensch
mit deiner Ernährung
und deinem Konsumverhalten
wohin gehst du, Mensch
in deiner Verbundenheit mit der Schöpfung
wohin gehst du, Mensch
im Privaten und in der Weltgesellschaft
wohin gehst du, Mensch
in deinem Glauben an den mitgehenden Gott
wohn geht du, Mensch
angesichts der Endlichkeit deines Lebens

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