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Wohl dem Volk!

Veröffentlicht am Fr, 03.08.2018

Bei Thilo Sarrazin würde das wohl eher lauten: Wohl dem Volk, das im Wettbewerb der Völker das größte Bruttoinlandsprodukt erwirtschaftet. Das BIP ist das Weltgericht, und wer besteht, erntet Frieden und Glück! Bei Gauland, Erdogan und Putin klingt die Seligpreisung so: Wohl dem Volk, das ein ethnisch und religiös einheitlicher Block ist. Denn das wird zur Stärke finden! Und dann herrscht Frieden.
Bei den wenigsten, gerade auch unter denen, die das christliche Abendland so häufig beschwören, klingt es dagegen biblisch: „Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist!“ Demjenigen Volk wird es wohl ergehen, das nicht auf sich selbst, die eigene Stärke und Macht vertraut, sondern auf Gott, den Schöpfer des Universums und den Herrn der Geschichte.
Mittelalterlich-frömmelnder Schmarrn, oder? Warum soll es einem Volk denn dann wohl ergehen? Von König Salomo wird erzählt, dass Gott ihm eine Bitte gewährte (1 Könige 3). Und Salomon wünscht sich: Ein hören-des Herz. Eine gottesfürchtige Haltung. Bereit, sich vom Leben und über das Leben belehren und korrigieren zu lassen. Auf der Suche nach dem Guten sein. Ebenso auch im Falle eines ganzen Volkes: Wenn es genau hinhört auf das Leben und darin Gott sucht, dann wird es ihm wohl ge-hen.
Ist damit die Erfolgsformel gefunden? Müssen Sarrazin, Gauland, Putin und wie sie alle heißen, einfach nur gottesfürchtig sein? Und schon erblühen sie in Stärke und Macht, wie sie es sich immer erträumt haben? Das wäre tatsächlich mittelalterlich-frömmelnder Schmarrn. Das Volk, das zum Erbe erwählt ist, ist zunächst Israel. Und die anstößige Botschaft war schon für Israel: Wohlergehen bedeutet nicht Stärke und Macht. Sondern dem Volk, das auf Gott hört, geht es wohl, weil es in seiner Geschichte seinen Gott kennenlernt und beide am Ende miteinander Gemeinschaft haben. Wohlergehen – das heißt Gott finden, sich ihm hingeben und ihn genießen.
Wie lebt so ein Volk? Woran könnte man es erkennen?
Jedenfalls müsste es dankbar und bescheiden sein, wenn es im Frieden lebt und genug zu essen hat – denn das würde es als Gottes Gabe sehen. Und sich angesichts der eigenen Hartherzigkeit und Fehlbarkeit nicht mit vorschnellem Stolz krönen.
Es wäre wohl ebenso ehrfurchtsvoll wie hoffnungsfroh. Denn Gottes Wege versteht man erst im Rückblick. Aber sein Ziel erkennen wir schon in Jesus Christus: Gott erträgt all das böse Hauen und Stechen der Men-schen, richtet es am Ende der Zeit und holt es nach Hause. Das letzte Wort hat kein Volk, nicht „die Geschichte“, sondern Gott.

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