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Andacht- und Predigt Archiv

Wie lieblich ist der Maien

Veröffentlicht am Fr, 05.05.2017
von Bettina Zehner
Diakonin, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Diakonat -

Also singen wir beim „Frühstück und Mehr“ Maienlieder und auch das Lied „Wie lieblich ist der Maien“ (im Gesangbuch Nr. 501).
Über 400 Jahre ist es her, dass Martin Behm dieses Lied gedichtet hat. Seitdem haben sich die Welt und die Menschen völlig verändert. Die Menschen damals waren Leibeigene ohne eigene Rechte. Sie hatten keinen Strom, keine Heizung, keine Waschmaschine, keine wirksamen Arzneien gegen Krankheiten und bis Neuigkeiten sie erreichte, dauerte es lange. Sie gingen zu Fuß und verreisten, wenn überhaupt, in Kutschen. Ihre Lebenserwartung lag bei unter 30 Jahren.
Hat uns ein Lied, das für Menschen geschrieben wurde, deren Lebensumstände wir uns nur schwer vorstellen können, heute noch irgendetwas zu sagen?
Erstaunlicherweise beschreibt der Liedautor ein Lebensgefühl und eine Freude über das Wiedererblühen der Natur, das wir heutigen Menschen noch genauso kennen. Auch wir staunen darüber, wenn nach der langen Winterzeit wieder die Blumen in all ihrer Vielfalt und in all ihrer Farbenpracht erblühen, auch wir freuen uns, wenn wir morgens, noch halb im Schlaf, die Vögel singen hören. Endlich Frühling! Farben, Wärme, Licht und Leben - die Freude darüber hat sich in 400 Jahren nicht geändert.
Wie haben die Menschen damals gelebt? Ich stelle mir ihr Leben sehr beschwerlich vor und ich vermute, dass die Menschen damals eigentlich nicht viel Anlass zum Singen und zur Freude hatten.
Martin Behm wollte ihnen mit diesem Lied die Schönheit der Natur bewusst vor Augen führen, sie auffordern, genau hinzusehen und sich an der Natur, an Gottes guter Schöpfung zu freuen, um daraus Kraft für den sicher schweren Alltag zu schöpfen.
Und eigentlich gilt genau das doch auch noch für uns Menschen heute. Auch wir kennen Sorgen und Ängste. Oftmals belasten sie uns so stark, dass wir völlig in uns gefangen sind und manchmal sind wir so gestresst, dass wir die Vögel nicht singen hören und keinen Blick für die Schönheit der Blumen um uns haben.
Eine Besucherin bemerkt am Ende des Liedes: vor Reif und Schloss (= Hagel) sind wir letzte Woche nicht behütet worden.
Noch etwas, das sich nicht geändert hat. Wir Menschen heute haben gelernt, vieles zu Planen und zu Beherrschen. Aber auch wir haben wenig Einfluss auf Naturgewalten. Die Natur, ihre Schönheit ist verletzlich.
Ja, Martin Behm hat dieses Lied auch für uns geschrieben. Er will uns mit diesem Lied ermutigen. Genieße die Schönheit um dich herum, freue dich an den Blumen und an dem Vogelgezwitscher. Das alles ist nicht selbstverständlich.



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