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Schmetterlings-Mensch

Veröffentlicht am Fr, 06.04.2018

Dass der Hase heimlich kommt und die Eier versteckt werden –
ein Zeichen dafür, dass auch
dieses neue Leben verborgen ist und gesucht werden muss.
Ein Zeichen für Ostern, das deutlich älter und viel weniger bekannt
ist, ist der Schmetterling. Dieses Tier hat die Menschen schon immer
fasziniert. War der schöne, fliegende Schmetterling tatsächlich
einmal eine am Boden kriechende, dunkelbraune Kreatur? Kann es
wirklich sein, dass es sich bei diesen beiden so gegensätzlichen
Erscheinungen um ein und dasselbe Tier handelt? Die Sehnsucht
nach einer Verwandlung des Hässlichen in etwas Schönes, des
Kriechenden in etwas Fliegendes wird von diesem Tier verkörpert.
Die Christen entdeckten darin bald ein Gleichnis für den Sinn
unseres Lebens, wie er an Ostern aufleuchtet: Verwandelt zu
werden in ein Geschöpf, das in den Bereich des Himmels gehört.
Anteil haben an Gottes ewigem Leben, und deswegen selbst leicht,
schön und himmlisch zu werden: Darum geht es! Dem geht das
Raupenleben voraus, eine Zeit, in der wir uns vollstopfen, mit allem
was uns in den Weg läuft, ohne doch satt zu werden. Dem folgt das
Stadium der Verpuppung, der Tod. Der Schmetterling macht
deutlich: Keine Verwandlung ohne den Weg durch das Gestrüpp,
keine Verwandlung ohne Sterben. Klare Kante also? Raupenleben
bis zum Tod, Schmetterling mit der Auferstehung? Ist das die
christliche Einsicht in den Sinn des Lebens?
Seit dem Sterben und Auferstehen von Jesus, seit Ostern ist etwas
anders geworden: Der Bereich der Raupe und der des
Schmetterlings überlappen und durchdringen sich. Nicht, dass damit
der Tod seine Bedeutung als Durchgang verloren hätte. Aber wo ein
Mensch das Geheimnis seines Weges erblickt, da bleibt sein Leben
davon nicht unberührt. Die zukünftigen Farben des Schmetterlings
färben gewissermaßen schon auf die Raupe ab. Ich kann das Leben
lieben – nicht, weil es immer so schön ist. Sondern weil es der Stoff
ist, aus dem Gott mich und seine ganze Ewigkeit webt. Ich kann Gott
lieben – nicht, weil er mir hier ein Schlaraffenland beschert, sondern
weil er mir eine Zukunft verheißt und mich verwandeln wird. Und
ich kann Nachsicht haben mit meinen Weggenossen: Sie sind bislang
eben auch noch nur kleine Raupen.
Wenn Sie demnächst einen Schmetterling sehen: Das ist ein Gruß
Gottes. Der Weg des Schmetterlings – Unser Weg. Er erinnert uns an
Christus, den ersten Schmetterlingsmenschen. Auf seine Bahn sind
wir gesetzt. Und Gott ist schon dabei uns zu verwandeln, wie er ihn
verwandelt hat.

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