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Andacht- und Predigt Archiv

Richtig streiten will gelernt sein

Veröffentlicht am Fr, 07.02.2014
von Ulrich Theophil
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Johanneskirche
Pfarrer, Evang. Kirchenbezirk LB - Bezirksämter -

Richtig streiten will gelernt sein.  Richtig streiten – das ist alles andere als einfach. Wie schnell schaukelt es sich gegenseitig hoch, mitten im Alltag und von einem Moment auf den anderen. Wie schnell werden Streitanfänge im Lauf der Zeit ausgeblendet und der Blick ist viel zu sehr  auf die eigenen verletzten Gefühle gerichtet.Auslösende Momente für einen Streit sind in der Regel ja unterschiedliche Vorstellungen von etwas.  Am Anfang steht eine Meinungsverschiedenheit oder eine Provokation und wenn die aus dem Ruder läuft, dann gesellen sich meist noch andere Momente dazu:  man entfaltet das Gefühl von Stärke, man ist zutiefst überzeugt von seiner eigenen Sicht und fällt in eine gewisse Rechthaberei, man lässt sich von seinen Gefühlen leiten, man bringt kein Verständnis auf für die Position des Anderen.  Da sind aber auch noch andere Momente da, die vom Gegenteil herkommen:  man fühlt sich unterlegen und ist dadurch sehr verletzlich, man empfindet Ohnmacht und Hilflosigkeit und wird dadurch wütend und unberechenbar. All das führt zu einer Härte und zu einer Unnachgiebigkeit, die immer wieder Wunden in unserem Miteinander und auf unseren Menschenstraßen hinterlassen.  Viel zu schnell kann es eskalieren und der anfängliche Boden einer guten Beziehung oder einer angenehmen Diskussionskultur wird mit tiefen Furchen oder gar Gräben durchzogen.
Auf das Streiten werden wir im Leben nicht verzichten können. Es gehört zu uns als Menschen, es bricht im Alltag in unseren Beziehungen, in unserer Gesellschaft und in der Kirche immer wieder schnell hervor. Wir streiten über unerledigte Sachen, über ungerecht empfundene Strukturen, über die Rente mit 63 Jahren  oder über den Umgang mit Homosexualität. Aufgrund Sotschi  wird darüber gestritten, in wie weit olympische Spiele politisch instrumentalisiert werden dürfen. Wir können das Streiten nicht lassen, wir können nur lernen durch Streiten reifer im Leben zu werden. Reifer, um der Verbissenheit etwas entgegenzusetzen, zum Beispiel durch die Gelassenheit und den Humor.
Lösungen in einem verfahrenen Streit zu finden, das ist und bleibt eine schwierige Aufgabe und es ist eine große Gabe, wenn Menschen streiten können, ohne sich dabei zu verletzen.  Alle Hochachtung, wer streiten richtig gelernt hat.

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