Ich packe in meinen Koffer

Veröffentlicht am Fr, 17.05.2019
von Bettina Zehner
Diakonin, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Diakonat -

 Kleider für alle Wetterlagen, eine Decke (ich hab vor langer Zeit mal wirklich gefroren), Arznei für alle Fälle, der Fön, Schuhe, etwas zu essen für alle Notfälle, der Reisewasserkocher. Reiseführer, Bücher. Alles dabei. Irgendwann brauch ich das.
Am Flughafen bin ich froh, wenn ich das Monster los bin, ich mag keine Hotels, die keinen Aufzug haben. Manchmal ist es schwer, Reisepräsente unterzubringen, der Koffer ist ja schon voll. Wenn ich zurückkomme ist die Hälfte der Kleider unbenutzt, die Notvorräte zerbröselt, da sie nicht gebraucht wurden (woanders gibt es auch etwas zu essen!) und die Decke habe ich nicht gebraucht.
Das ganze Zeug, das ich mit mir herumschleppe beschwert mich im wahrsten Sinne des Wortes. Ich bewundere Menschen, die mit leichtem Gepäck reisen.
Warum kann ich mich nicht beschränken? Warum nur muss ich diesen Koffer so vollstopfen?
Warum meine ich, ich müsste für alle Eventualitäten gewappnet sein?
Vor ein paar Jahren bin ich zum ersten Mal pilgern gegangen. Mir nahestehende Menschen haben mich gefragt, wie da die Wege sind und ob ich da meinen schwarzen Koffer hinter mir herziehen könne. Das Packen fiel mir nicht leicht. Ich musste mich entscheiden, ich musste abwägen und abwiegen und Dinge zurücklassen. Mein Rucksack wog dann 6 kg plus Trinken. Ich hatte noch Platz. Und eigentlich hat mir nichts gefehlt (ich hatte sogar einen Deckenersatz dabei).
Was brauche ich wirklich – für eine Reise, aber auch für eine Lebensreise?
Was muss unbedingt dabei sein? Was ist sinnvoll, was nur Ballast?
Was gibt mir wirklich Sicherheit?
Welche Erinnerungen beschweren, lähmen und bremsen mich, welche geben mir Mut und Kraft?
Und: Ist in meinem Koffer noch Platz für Neues? Neue Erfahrungen, neue Begegnungen, neue Erlebnisse?
Ich wünsche Ihnen allen gutes Kofferpacken.

Bettina Zehner