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Andacht- und Predigt Archiv

Die Kirche und die Lust?!

Veröffentlicht am Fr, 25.09.2015

Hat da die Frage nach der Lust, nach Freude am Leben, hat da Spaß einen Platz?Lustfeindlichkeit hat man der Kirche immer wieder vorgeworfen. Ich denke, manchmal ist dieser Vorwurf berechtigt. Es gibt diese Tradition, auch in der evangelischen Kirche, die Spaß, Freude, gar sexuelle Lust als etwas Unwichtiges, vielleicht sogar als etwas Verbotenes brandmarkt. Ich erinnere mich gut daran, dass ich einst als junger Pfarrer immer wieder angeeckt bin, oder doch zumindest Diskussionen hervorgerufen habe. Ich hatte manchmal gefordert, dass der Gottesdienst Spaß machen müsse.
Wenn es um wichtige Fragen des Lebens geht, dann sind diese Fragen zu klären. Da hat der Gedanke an Spaß keinen Platz. Andererseits habe ich immer wieder erlebt: Wenn mir mein Schulunterricht Spaß gemacht hat, dann konnte ich mit meinen Schulkindern über die wichtigen Fragen des Lebens ganz anders, viel besser, sprechen, als wenn ich mir meinen Unterricht mühevoll abgerungen habe. Hat der Unterricht mir Spaß gemacht, haben sich meine Schülerinnen und Schüler nicht gelangweilt.
Die gleiche Erfahrung habe ich auch in Gottesdiensten gemacht. Ist es mir gelungen eine Predigt abwechslungsreich und witzig zu gestalten, hat es mir und meinen Zuhörern Spaß gemacht, dann ist von den Predigtgedanken viel mehr hängen geblieben als wenn ich nur tiefschürfende Gedanken anzubieten hatte. Wenn es Spaß macht, muss eine Abhandlung nicht seicht sein. Ein Unterricht, der witzig, lustig ist und Freude macht, muss deswegen nicht weniger Tiefgang haben.
Wie soll man auch Gott loben, wenn man keine Lebensfreude hat. Wie soll man Gott für das Leben dankbar sein, wenn man seine Lebensfreude im Gottesdienst oder im Gebet nicht formulieren kann. Ich denke, dass der Gottesdienst Spaß machen muss. Ich meine, dass es wichtig ist, dass man beim Feiern in der Kirche immer wieder lachen kann. Dann kann man auch schwere, tiefe, existenzielle Gedanken ertragen und leichter bedenken.
Als es König David nach vielen Rückschlägen und Nöten endlich gelang die Bundeslade – das Symbol des israelitischen Glaubens in der Frühzeit- nach Jerusalem zu holen, da tanzte der König  ekstatisch durch die Straßen. Seine Frau, Michal, die ihn dabei beobachtet hat, war entsetzt: „Der König benimmt sich wie die Leute, die nicht wissen, was sich gehört“ (Zweites Samuelbuch im Alten Testament, Kapitel 6, die Verse 14 und 20) David hatte sich in seiner Freude so vergessen und so wild getanzt, dass sich sein Körper beim Hüpfen entblößte. Aber David entgegnete nur, dass er vor Gott tanzen wolle, weil er Gottes Liebe erfahren habe (Vers 21). Gottes Liebe erfahren haben - Evangelium heißt Frohe Botschaft. Das muss doch Spaß machen, oder?
 

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