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Andacht- und Predigt Archiv

Zum Sonntag: Will ich, kann ich, soll ich wählen?

Veröffentlicht am Sa, 23.11.2019
von Dorothea Schlatter
Pfarrerin, Evang. Kirchengemeinde Ludwigsburg-Martinskirche
Pfarrerin, Evang. Kirchenbezirk LB - Bezirksämter -

Ständig habe ich die Wahl: Müsli oder Käsebrot zum Frühstück, mit dem Auto oder Bus zur Arbeit, Treppen oder Fahrstuhl, Menü 1 oder 2 am Mittag, Ärger oder Gelassenheit am Telefon – viele Entscheidungen fallen mir nicht schwer. Ich fälle sie blitzschnell, habe Routine, die es mir erleichtert. Schwieriger wird es wenn es um weitreichendere Entscheidungen geht, zum Beispiel um die Berufswahl oder die Partnerwahl. Was leitet mich? Was gibt mir Orientierung? Welche Maßstäbe lege ich an, um zu einer guten Wahl zu kommen? Die Auswahl ist unübersichtlich und die Situation vielschichtig. Welche Argumente sind wichtig? Stimmt das, was ich zu wissen glaube? Was passt zu mir? Manchmal aber habe ich gar keine Lust zu wählen. Schon wieder soll ich mich entscheiden. Und nun flattern mir auch noch die amtlichen Wahlunterlagen der Kirche ins Haus.

Ja, ich weiß es: wählen zu dürfen ist ein wichtiges Gut. Es gehört zu einer demokratischen Gesellschaft. Von vielen werden wir um unser Wahlrecht beneidet. Aber was soll mir die Entscheidung erleichtern? Bei der Ortsgemeinde gibt es gerademal so viele Bewerber wie Stimmen. Macht es denn dann Sinn zur Wahl zu gehen? Ja, sagt der Flyer, denn es geht um das Mandat für die, die sich zur Wahl gestellt haben und sie brauchen für ihr ehrenamtliches Engagement den Rückhalt aus der Gemeinde. Und dann steht da ja noch die viel grundsätzlichere Wahl an: die Zusammensetzung der Synode wird neu gewählt. Aber wie soll ich mich da entscheiden? Was weiß ich denn über die Arbeit der Gruppierungen in den letzten Jahren? Alle preisen sich von ihrer Schokoladenseite an und von allen Bildern lächelt mich einer oder eine an. Also – was tun? Wähle ich nach meinem Bauchgefühl oder versuche ich mich kundig zu machen. Treffe ich meine Entscheidung wie ich sie schon immer getroffen habe oder prüfe ich, ob die Versprechen zu dem passen, was meinen Grundüberzeugungen entspricht? Sagt eigentlich die Bibel dazu auch etwas? Prüft aber alles und behaltet das Gute. 1. Thess 5,21. Ich finde hier eine große Toleranz. Erst mal ansehen, sich kundig machen, gelassen an die Sache herangehen, nicht schon von vornherein wissen, was gut ist. Genau hinsehen, ob Liebe drin ist und Weite, die Leben in seiner Vielfalt ermöglicht. Und dann darf ich, kann ich und soll ich wählen.

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