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Zum Sonntag: Trauer und Tränen im November

Veröffentlicht am Sa, 10.11.2018
von Georg - Pfr. i. R. Schützler

Gehören Trauer und Tränen nicht zu den erstrangigen Eigenschaften, die uns zum Menschen machen? Ist es nicht ein Qualitätssprung erster Güte, dass es einem nicht egal ist, ob jemand stirbt oder nicht? Hier muss die romantische Vorstellung von der Natur zur Seite gerückt werden. Der Natur, der Biologie, den organischen Verbindungen ist es völlig egal, ob wir sterben oder nicht. Wir werden wieder aufgenommen in den ökologischen Kreislauf – das war’s dann. Trauer und Tränen – nein. Doch dann zaubert die Evolution ein Wesen hervor, das gerade an diesem Punkt, dem Sterben eines Artgenossen, die heftigsten Gefühle entwickelt. Hat dieses Wesen, der Mensch, symbolisch ausgedrückt, mit seinem Kopf den Himmel berührt oder umgekehrt, der Himmel den Kopf des Menschen? So dass der Mensch im Widerspruch zur Natur steht und den Tod, den Verlust eines Menschen, einfach nicht annehmen kann. Ist, bildlich gesprochen, ein himmlisches Gen, ein göttlicher Impuls in das Herz des Menschen gefallen, so dass er einen geliebten nächsten Menschen niemals reaktionslos der Vergänglichkeit anbefehlen kann? Die Liebe scheint eine ewige Trennung nicht zulassen zu wollen. Der unverwechselbare andere, der von mir geliebte Mensch darf und kann nicht ausgelöscht werden, niemals. Deshalb hören wir bei fast jeder Beerdigung den Spruch, oft begleitet von tränennassen Augen: „In meinem Herzen, in unseren Herzen bleibst du lebendig.“ Dahinter steht die meist versteckte oder klammheimliche Hoffnung, dass es, wie und wo auch immer, ein Wiedersehen geben wird, so wie es z.B. Rainer Werner Fassbinder ausdrückt: „Wir werden glücklich sein, wenn Härte, alles Böse abgefallen ist. Der Tod, er ist nur Schein, wenn dich der letzte zarte Windhauch küsst.“

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