Zum Sonntag: Riskier was, Mensch! – Sieben Wochen ohne Vorsichtht

Veröffentlicht am Sa, 02.03.2013

Riskier was, Mensch! Sieben Wochen ohne Vorsicht“. Das Motto der Fastenaktion der evangelischen Kirche für 2013 klingt wie der Auftrag zu Leichtsinn und Rabaukentum. Aber in der Bibel wimmelt es von unvorsichtigen Männern und Frauen. Menschen, die übers Wasser laufen, Hochschwangere, die auf Reisen gehen, ohne auch nur ein Hotel zu buchen, Kindern, die Erwachsenen die unliebsame Wahrheit erzählen, oder unstudierten Wanderpredigern, die es sich mit Staat und Klerus gleichzeitig verscherzen.

Wir leben in einer Gesellschaft, die abzufedern versucht, was immer einem im Leben begegnen mag. Versicherungen auf alles Mögliche und Unmögliche können abgeschlossen werden, Dienstleistungen zu jedem Bereich des Lebens werden angeboten und wer Geld genug hat, kann diese auch nutzen. Eine App für jede Lebenslage steht zum Download bereit. Wo sollte man eigentlich noch etwas riskieren?
Das größte Risiko besteht doch immer in der Begegnung mit anderen. Hier sind wir verletzlich wie an keiner anderen Stelle. Die Fastenaktion lädt ein, mit offenem Visier und ungeschützt aufeinander zuzugehen.
Sieben Wochen lang, von Aschermittwoch bis zum Ostersonntag, sollen die Fastenden ihre Manschetten ablegen und Tacheles reden: ein offenes Wort wagen, auch wenn der Chef stirnrunzelnd danebensitzt, oder dem Partner mutig sagen, dass er sich verrennt. Schon Martin Luther meinte: „Die Geister lasset aufeinanderprallen, die Fäuste haltet stille.“ Gegensätze, unterschiedliche Auffassungen und Ansichten sollen im zwischenmenschlichen Gespräch ehrlich ausgetauscht werden und nicht hinter einer Mauer des Schweigens, der Abwendung und des Desinteresses verschwinden. „Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist“, heißt es in Josua 1,9. Riskieren Sie es, mit dieser Zusage im Rücken weniger Vorsicht zu wagen?

Pfarrerin Andrea Mattioli,
Eglosheim West