Zum Sonntag: Mehr oder weniger Fastenzeit

Veröffentlicht am Sa, 16.02.2013
von Michael Friedmann
Gemeindereferent / Kath. Kirche, Sonstige Dienste

Mit Beginn der vierzigtägigen Fastenzeit wird nicht nur bei vielen Christen der große Verzicht geübt. Auch Gesellschaftlich ist solch eine Auszeit attraktiv, einmal von Gewohntem und Liebgewonnenen Abstand zu nehmen und einen Alltag ohne diese zu gestalten. So wird in diesen Wochen vielfach auf Fleisch verzichtet oder auf die gewohnte Zigarette, Groß und auch Klein wählen für sich den Verzicht auf  Süßigkeiten, manch anderer auf twittern oder stetiges posten auf Facebook.

Doch warum diese Enthaltung von Dingen, die zum Alltag doch scheinbar selbstverständlich dazugehören? Warum darauf verzichten, wenn es doch nur auf Zeit ist und danach verlorene Kilos wieder rasch zurück kommen oder Gewohnheiten wieder ihren selbstverständlichen Platz einnehmen?

Zum einen wird durch den Verzicht gerade mal wieder deutlich – und dies spürbar, was meinen Alltag so ganz selbstverständlich prägt oder ich selbst damit präge, in dem ich ganz gewohnt zu Schokolade, Kaffee oder dem Handy greife. So kann ich später die Dinge um so mehr genießen, wenn sie mir sehr lieb sind, oder ich merke, wie ich doch eigentlich – auch weiterhin – davon loslassen und mich von mancher Abhängigkeit frei machen kann.

Und diese Freiheit ist wohl der zweite Aspekt des Fastens. Frei werden von Gewohnheiten und Zwängen, die Raum geben für ein „Mehr“. Ein mehr an Begegnungen, ein mehr an „den Augenblick im Hier und Jetzt genießen“, ein mehr an Stille, ein mehr an Raum und Zeit für Glaube und Gebet.

So darf mein „weniger“ geprägt sein von einem „mehr“ an dem, was mir das Leben wertvoll macht und mich in Beziehung bringt mit meinen Mitmenschen und meinem Umfeld, ja mit mir selbst und mit meinem Gott.

Michael Friedmann, Gemeindereferent von St. Johann und St. Thomas Morus in Ludwigsburg