Zum Sonntag: Lieber Gott, wenn es dich gibt...

Veröffentlicht am Sa, 08.08.2015

"Lieber Gott, wenn es dich gibt ..."… sang Peter Maffay  vor 30 Jahren. Viele waren beeindruckt. Da versucht einer den Spagat zwischen Gottvertrauen ("Lieber Gott") und Zweifel durchzuhalten („wenn es dich gibt“). Nicht gleich vor der Möglichkeit zu kneifen, dass da noch jemand Höheres ist, jemand Größeres und Stärkeres, und unsere Welt auf das zu reduzieren, was man sehen, hören, fühlen, messen, wiegen kann. Er versucht, die Ungreifbarkeit Gottes einfach als Chance für sich zu nutzen. Er fängt an mit Gott zu reden.Dieser Spagat scheint uns ein Privileg des sog. "Modernen" Menschen zu sein. Für die Generation unserer Eltern und Großeltern gab es im Krieg Situationen, in denen manche und mancher aus Angst und Überlebenswillen anfing mit Gott zu reden: "Wenn es dich wirklich gibt, Gott, dann gib, dass ich aus diesem Loch hier lebend rauskomme!"Zu Jesus kam ein verzweifelter Vater. Sein Sohn war schwer krank. Jesus war für ihn so was wie die letzte Hoffnung. Aber Jesus ist kein Wunderdoktor. Er erwartet kein Honorar, wenn er „liefert“. Er erwartet Vertrauen - Gottvertrauen. Und der bedrängte Vater flüchtet nicht in ein "okay, mir ist eh alles egal!" Er wagt den Spagat und antwortet: "Ich möchte ja so gern glauben – aber bitte, bitte hilf mir aus meinem Zweifel heraus!"Unsere Krisensituationen sind nicht immer so dramatisch wie bei diesem Vater. Oder vielleicht doch? Wenn das Gerüst, auf das wir unser Leben bauten, plötzlich zu wackeln beginnt. Könnten wir dann den Mut aufbringen zu so einem "Lieber Gott, wenn dich gibt ...?" und wenigstens mal mit Gott zu reden versuchen? Es kostet nichts, und – es merkt ja keiner! Einen Versuch wäre es wert.Dr. Heinz-Werner Neudorfer, Dekan in Marbach