Zum Sonntag: „Herzenssache“ Mensch

Veröffentlicht am Sa, 14.07.2012

Nur fünf Gehminuten entfernt von meiner Wohnung liegt die neuerrichtete ARENA Ludwigsburg. In diesen Wochen strömen tausende Menschen in die groß beworbene Körperwelten-Ausstellung „Herzenssache“ des Plastinators Gunter von Hagens. Sie werden beeindruckende Einblicke in das Innenleben des menschlichen Körpers gewinnen.Ich werde nicht hingehen. So beeindruckend die Schau auch sein mag – hier werden plastinierte Teile echter menschlicher Verstorbener geschickt öffentlich zur Schau gestellt, scheinbar aus medizinisch aufklärendem Interesse für die breite Öffentlichkeit. Ich vermute dahinter eher Sensationslust und geschäftliches Interesse. Unsere Gesellschaft hat für sich klare Regeln des Umgangs mit Verstorbenen gefunden. Das jüdisch-christliche Menschenbild betont die unveräußerliche Würde eines jeden Menschen in jeder Lebensphase, auch über den Tod hinaus. Darum tue ich mich schwer mit einer solchen Ausstellung, die nicht nur medizinische, sondern auch kommerzielle Interessen verfolgt und Menschen instrumentalisiert. Verstorbene werden zu Ausstellungsstücken degradiert und das neugierige Betrachten präparierter toter Menschen zu einem Kulturereignis stilisiert.Ein Gutes mag die Ausstellung haben: Sie löst eine lebendige Diskussionen aus – über den Umgang mit dem Tod und den Umgang mit Verstorbenen. Schulklassen diskutieren vor und nach ihrem Besuch über die Art der Darstellung und ihre Eindrücke. Jede und jeder wird für sich selber entscheiden müssen, ob er diese Ausstellung besuchen will.Mein Weg führt mich fast jede Woche an einen anderen Ort: auf den Friedhof. Grabsteine, Urnenstelen, liebevoll gestaltete Erdgräber erzählen vom Leben der Menschen, die hier eine Ruhestätte gefunden haben. Auch hierher strömen jeden Tag viele Menschen. Doch hier geht es stiller zu. Hier wird Abschied genommen, hier wird getrauert, hier werden Erinnerungen lebendig, hier wird Leben geehrt, auch wenn es zu Ende gegangen ist. Jeder Mensch, der hier ruht, ist eine „Herzenssache“ für die Angehörigen – aber auch für Gott.   Pfr. Sven SalwiczekKatholische Seelsorgeeinheit Ludwigsburg-West