„Viel Erfolg!“

Veröffentlicht am Fr, 11.01.2019
von Horst Rüb
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Martinskirche -

Ich frage mich dann, was das für mich als Pfarrer bedeutet? Offenbar ist das ja ganz positiv gemeint, aber mich beschleichen dann immer Zweifel, ob Erfolg, wie er gemeinhin verstanden wir, tatsächlich nur etwas Positives ist.
Heute vor 10 Jahren ist der neuseeländische Bergsteiger Edmund Hillary gestorben. Er war der berühmteste und erfolgreichste Bergsteiger seiner Zeit. Sein größter Erfolg war, dass er 1953 als erster Mensch zusammen mit dem Sherpa Tenzing Norgay den Mount Everest, den höchsten Berg der Erde, bestiegen hat. Er wurde dadurch zum bekanntesten Neuseeländer aller Zeiten und in seiner Heimat mit einem Staatsbegräbnis bestattet.
Bedeutet Erfolg also, etwas zu erreichen, mit dem man über andere hinausreicht? Kann, wer keine herausragenden Talente und Begabungen hat, dann überhaupt erfolgreich sein? Hillary hat das anders gesehen. Er hat gesagt: „Man muss kein fantastischer Held sein, um bestimmt Dinge zu erreichen - um erfolgreich zu sein. Man kann ein normaler Kerl sein, der ausreichend motiviert ist, um herausfordernde Ziele zu meistern.“ Erfolg kann für jede und jeden also etwas völlig anderes bedeuten. Für ein Kind, wenn es die ersten Schritte laufen kann, für einen Schüler, der unter Mühen doch seinen Schulabschluss geschafft hat, für die querschnittsgelähmte Sportlerin, die es gelernt hat, mit ihrer Behinderung positiv umzugehen. Auch für Hillary war die Eroberung des Mount Everest am Ende gar nicht mehr so wichtig. In den 1960er Jahren hat er den Himalayan Trust zur Unterstützung der nepalesischen Sherpas ins Leben gerufen. Mit dessen Hilfe konnten Schulen und Krankenhäuser für die Sherpas gebaut werden. Hillary bezeichnete diese Hilfe selbst als den wichtigsten Teil seines Lebens.
Wenn mir also wieder einmal jemand „Viel Erfolg!“ wünscht, dann verstehe ich das am besten im Sinne Jesu: „Wer unter euch am Größten ist, soll euer Diener sein.“ (Mt 23,11)