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Andacht- und Predigt Archiv

Spitzenleistung oder Menschlichkeit

Veröffentlicht am Fr, 28.06.2019

Verbunden ist diese Vorbereitungsarbeit mit der Hoffnung, dass man sich noch um ein oder zwei Punkte verbessern kann, denn die Durchschnittsnote entscheidet mit über die Chancen einen begehrten Studienplatz zu erlangen oder die erhoffte Ausbildung machen zu können.
Manch einer ist nach bestandener Prüfung zu Recht stolz auf die Ergebnisse, die er abgeliefert hat. Das Selbstwertgefühl wird gestärkt, wenn man die Leistung erbringen konnte, die man erhofft hatte. Bei den Abschlussfeiern zur Zeugnisübergabe werden gute Schüler belobigt und mit Preisen geehrt, entweder für ihren besonderen Notendurchschnitt oder auch für herausragende Leistungen in einem einzelnen Fach. So wird zum Beispiel der Scheffelpreis für die beste Leistung in Deutsch vergeben, der Paul-Schempp-Preis für eine Eins in Religion.
Das motiviert, spornt zu besonderen Leistungen an; einen solchen Preis bekommen zu haben macht zu Recht stolz.
Doch Notendurchschnitt und Spitzenleistungen entscheiden nur bedingt über das Lebensglück, Lebenswert und Lebensfreude eines Menschen. Ebenso wichtig erscheinen mir Fähigkeiten wie Empathie, sich in andere hineinversetzen zu können, sich mitfreuen und mitleiden zu können, lieben zu können und geliebt zu werden. Was helfen gute Noten, wenn man gegenüber Mitmenschen arrogant rüberkommt? Was hilft eine renommierte Auszeichnung, wenn man das Lächeln eines anderen nicht wahrnimmt? Was helfen Spitzenleistungen, wenn man darüber einsam wird, weil man vor lauter Lernen und Arbeiten keine Zeit und Kraft für den Mitmenschen hat und einsam wird.
Natürlich muss jeder versuchen in der Ausbildung und im Beruf seinen Weg zu gehen. Aber Leistung ist keine Basis für Lebensglück. Wer einmal gespürt hat, wie schön sich das anfühlt, wenn man einem anderen in einer schwierigen Lage helfen konnte, erkennt den Wert der Mitmenschlichkeit. Umgekehrt erlebt ein tiefes Gefühl der Geborgenheit, wer weiß, da gibt es jemanden, der zu mir hält, auf den ich mich verlassen kann, der mich in Not nicht hängen lässt.
Die Fähigkeit und der Wille zu Solidarität und Anteilnahme -Jesus hatte das einst „Nächstenliebe“ genannt- erscheinen mir genauso wichtig wie die Leistung, die sich in den Noten ausdrückt. In Vereinen, bei der Jugendarbeit der Kirchen aber auch im menschlichen Miteinander in der Schule oder später am Arbeitsplatz werden solche Fähigkeiten eingeübt und gelebt. 
 




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