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Andacht- und Predigt Archiv

Palmesel

Veröffentlicht am Fr, 11.04.2014

Am kommenden Sonntag ist Palmsonntag. Ich erinnere mich gut an meine Kindheit. Damals haben wir Kinder genau darauf geachtet, wer von der Familie als letzter aufgestanden ist. Ein Vergnügen für uns Kinder ist es gewesen, wenn Vater oder Mutter nach uns das Bett verlassen haben, weil wir ihn oder sie dann als Palmesel verspotten konnten.
Woher der Brauch kommt, weiß ich nicht. Aber es war lustig und es hat uns Kindern eingeprägt, welcher besondere Sonntag eine Woche vor Ostern gefeiert wird: Die Geschichte von Jesus, der auf einem Esel nach Jerusalem hineingeritten ist. Sie handelt auch davon, dass die Menschen aus Jerusalem Jesus zugejubelt haben: „Hosianna, gelobt sei, der kommt, im Namen Gottes.“ Wie sie mit Palmzweigen gewedelt haben, ganz so wie es heutzutage beim Besuch einer bedeutenden Persönlichkeit mit Papierfähnchen gemacht wird. Die Geschichte handelt auch davon, dass die Einwohner Jerusalems Kleider und Tücher vor Jesus auf den Boden gelegt haben, so wie heutzutage Empfängen eines Staatsoberhauptes ein roter Teppich ausgelegt wird.
Der Palmsonntag ist aber auch der Beginn der Karwoche, der Trauerwoche für Christen, weil Jesus verhaftet und gekreuzigt worden ist. Auch das hat sich mir als Kind schon eingeprägt, dass zumindest teilweise dieselben, die an Palmsonntag „Hosianna“ gerufen haben, später lautstark forderten: „Kreuzige ihn!“
Palmsonntag, Karwoche und Ostern, das ist eine Achterbahn der Gefühle. Die frohe Stimmung und Zustimmung zu Jesus wird abgelöst durch die abgrundtiefe Ablehnung des Mannes aus Nazareth. Das Dunkel und die Hoffnungslosigkeit von Karfreitag werden abgelöst durch das Licht des Ostermorgens und den Jubel über Gottes Macht, die stärker ist als der Tod.
Dies hat sich mir in früher Kindheit eingeprägt, einfach weil der witzige Brauch mit dem Palmesel dazu geführt hat, dass man sich mit den Gedanken um die Karwoche und Ostern beschäftigt hat. Ich denke solche Bräuche können manchmal mithelfen, dass man tiefer in eine Sache einsteigt. Vermutlich werde ich am Sonntag die Gottesdienstbesucher fragen, wer bei ihnen zu Hause der Palmesel gewesen ist.

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