Im Zweifel

Veröffentlicht am Fr, 26.04.2019
von Guido Hirschbühl, Pastoralreferent i. R.

Thomas wollte sich selbst davon überzeugen, dass Jesus, der am Kreuz ermordet wurde und mit dessen Tod alle Hoffnung verloren schien, wirklich auferstanden ist und lebt. An so ein umwerfendes Ereignis zu glauben, das kann man nicht einfach so. Leichtfertig zu allem Ja und Amen zu sagen, was einem von anderen gesagt wird, das ist nicht unbedingt ein Zeichen großer Gläubigkeit. Es kann auch ein Ausdruck von Bequemlichkeit sein. Ich kann mir viele eigene Anstrengungen ersparen, wenn ich einfach das übernehme, was mir vorgelegt wird.
Im Zweifel bin ich auf einer Gratwanderung, bei der ich auf zwei Seiten abstürzen kann. Auf der einen Seite ergebe ich mich dem Zweifel, ich gebe es auf weiter zu suchen. Auf der anderen Seite des Grates verdränge ich den Zweifel. Ich lege mir eine Scheinsicherheit zu und umgebe mich mit einem dogmatischen Panzer, an dem jede Frage abprallt. Beide Abhänge trennen mich von den Mitmenschen;  denn beide hindern mich daran,  mit ihnen zusammen als Suchender unterwegs zu bleiben.
Jesus hat die Zweifel des Thomas sehr ernst genommen. Er hat ihn auf seiner Suche begleitet und sich ihm zu erkennen gegeben. Auf welche Weise auch immer das geschehen ist, es hat Thomas in der Tiefe seiner Seele berührt. So konnte er - nicht nur mit Worten -  bekennen: "Mein Herr und mein Gott!" Hätte er seine Zweifel nicht zugelassen und auch deutlich geäußert, er wäre nie zu diesem Bekenntnis gekommen.