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Andacht- und Predigt Archiv

Ich bin dann mal weg

Veröffentlicht am Fr, 19.02.2016
von Bettina Zehner
Diakonin, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Diakonat -

Ich bin dann mal weg. Gute Idee, denke ich. Einfach mal alles hinter sich lassen. Den Alltag, den Termindruck, das ewige Einerlei: Montags Sport, dienstags Chor, was koche ich heute, was koche ich morgen, Donnerstag nicht den Mülleimer vergessen, am Freitag Zahnarzttermin. Am Samstag Geburtstagseinladung - unbedingt noch ans Geschenk denken, das Kind braucht eine neue Hose – wann haben wir gemeinsam Zeit zum Einkaufengehen.
Ich bin dann mal weg - Ja, das wäre schön – einfach mal weg vom Listen abarbeiten, weg von allen Terminen, weg von all dem Organisieren und Planen.
Ich bin dann mal weg – leider kann sich aber nicht jeder einfach mal 3 Monate aus dem Alltag ausklinken. Einfach weggehen, abschalten, einfach da sein.
Moment mal – einfach da sein?
Jetzt komme ich ins Nachdenken. Und frage ich mich, ob ich und mit mir viele Menschen nicht viel zu häufig weg, abwesend, nicht richtig da sind.
Da fallen mir ganz unterschiedliche Situationen ein: Beim Frühstücken schon den ersten Termin planen und durchüberlegen. In Gesprächen nebenher kurz Mails und neue Nachrichten checken, nicht richtig zuhören, nur alles halb mitbekommen. Beim Entspannen Geburtstage und Konfirmationen planen, den Kopf nicht frei bekommen. Beim Telefonieren darüber nachdenken, was es zum Mittagessen gibt. Beim Sport das nächste Meeting planen, ständig nach anderen schauen, ob die besser sind. Beim Autofahren telefonieren, während des Fernsehens ein Computerspiel spielen. Ein Buch lesen und am Ende gar nicht wissen, um was es da eigentlich ging. Während einer Feier nebenher kurz noch Kleider und Spielsachen auf ebay verkaufen.
Ich bin dann mal weg! Womöglich ist das viel zu oft unser Normalzustand? Vielleicht sind wir viel zu häufig gar nicht richtig anwesend.
Weil wir die technischen Möglichkeiten haben? Weil wir möglichst viel möglichst schnell machen wollen, damit wir hinterher Freizeit haben? Weil alles so schnelllebig ist und wir uns anpassen müssen, sonst verpassen wir was?
Ich bin dann mal da – jetzt, im Hier und Heute – in meinem alltäglichen Leben. Ganz bewusst. Da. Sein. Ich merke, dass ich das gerne häufiger wäre. Mir bewusst Zeit nehmen. Ganz da sein. Ein langes Gespräch führen, nicht immer nur daran denken, was ich noch alles machen muss. Ein Buch lesen und danach wissen, was drin steht. Einen Spaziergang machen, meine Umwelt mit allen Sinnen wahrnehmen.
Ich bin dann mal da – das versuche ich in den nächsten Tagen.

Diakonin Bettina Zehner

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