Hören, Hinhören, Wahrnehmen

Veröffentlicht am Fr, 15.06.2018

In seiner Predigt wandte er sich gegen die Diskriminierung von Menschen, die „nur wegen ihrer Kopfbedeckung“ zur verbalen Zielscheibe für andere werden. Das entspreche nicht dem Geist des Pfingstevangeliums. Nach seiner Predigt hat er sich in der Kirche ein Kopftuch umgebunden und ist so zum Altar gegangen. Dort hat er es wieder abgenommen. Aber das hat gereicht. Die kurze Szene zog Kreise. Sie richtete sich klar gegen Äußerungen nationalistischer Herkunft. Vermutlich gingen die Bilder und Nachrichten davon noch während des Gottesdienstes ins Netz, in die Welt.
Position beziehen, mich hinstellen und zeigen: Die Menschenwürde ist unteilbar. Wenn sie mir gilt, gilt sie auch allen anderen. Nur wenn sie allen gilt, habe auch ich ein Recht darauf. Dieser Gedanke bewegt mich oft: Menschenwürde, Glaubensfreiheit, Gleichberechtigung– die Grundrechte gelten nur für mich, sofern sie auch für andere gelten.
In der Bibel finde ich das gleich am Anfang wieder: In einer der beiden biblischen Schöpfungsgeschichten wird davon erzählt, dass der Mensch, jeder Mensch Gottes Bild in sich trägt. So drückt sich in meinem Glauben aus, was Menschenwürde ist.
Unsere Verschiedenheit bringt es mit sich, mich mit der Vielfalt unter uns zu beschäftigen.
Ich kann mir etwas anschauen und mit meinen Augen Menschen und Situationen auf Distanz halten.
Ich kann meine Meinung sagen und mit meinen Worten die anderen auf Distanz halten.
Wo ich höre, hinhöre, nehme ich andere wahr. Ich nehme etwas in mir auf aus ihrem Leben. Begegnungen gewinnen dabei an Tiefe und bringen manch berührende Augenblicke.
Eine kurze provozierende Szene im Gottesdienst ist eine Form, um Position zu beziehen. Hören, hinhören, wahrnehmen – das ist eine andere Möglichkeit, Position zu beziehen und mich an die Seite von Menschen zu stellen, nicht so spektakulär zwar, aber mir liegt das näher und ich wünsche mir viele, die dabei mitmachen.