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Andacht- und Predigt Archiv

Gegen das Vergessen

Veröffentlicht am Fr, 31.01.2020
von Thomas Schmückle Pastor Evangelisch -methodistische Kirche , Ludwigsburg

Was ihm nach Kriegsende deutlich bewusst wurde war die Tatsache, dass er einem verbrecherischen System gedient hatte, das sich zum Ziel setzte, die Juden zu vernichten. Sehr offen hat er damals sogar im Jugendkreis darüber berichtet, dass er sich schuldig gemacht hatte, auch wenn ihm manches dabei nicht so bewusst war. Aber er stand dazu, hat nichts beschönigt, vor allem aber erzählte er davon, weil er nicht wollte, dass sich solch ein Verbrechen jemals wiederholt. In diesem Jahr, am 27.Januar liegt die Befreiung des KZs von Ausschwitz 75 Jahre zurück. Menschen die Opfer und Zeugen dieses Verbrechens geworden sind berichten immer noch von ihren schweren Schicksalen. Es ist gut, dass sie das tun und dem Vergessen wehren. Doch wie lange noch wird es diese Zeitzeugen geben? Es ist die Aufgabe aller gegen Verharmlosung und Vergessen des Verbrechens des Naziregimes an den Juden die Stimme zu erheben. Wegschauen und Verharmlosen sind auch heute der Nährboden von Diskriminierung und Rassismus. Gegen Gleichgültigkeit hilft Begegnung. In einem Lied von Rolf Schweizer heißt es in einer Strophe: „Damit aus  Fremden Freunde werden, gehst du als Bruder durch das Land, begegnest uns in allen Rassen und machst die Menschlichkeit bekannt.“ Gemeint ist damit Jesus, der jedem Menschen in Liebe begegnet ist, ohne Unterschiede zu machen. Wenn wir uns von seiner Menschenliebe motivieren lassen lernen wir es einander wertzuschätzen und füreinander einzustehen. Wir beginnen unseren Nächsten unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Wir werden das Verbindende mehr sehen als das was uns voneinander trennt. So gesehen gewinnt unser Nächster für uns an Bedeutung und im selben Maß nimmt die Gleichgültigkeit gegenüber dem Nächsten ab. Er oder sie ist ja nicht nur irgendwer, sondern mein Nächster, meine Nächste.  „Liebe deinen Nächsten - er ist wie du”, so hat der jüdische Philosoph Martin Buber das Gebot „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst, übersetzt. Der andere, die andere ist wie ich – bedürftig, unsicher, ängstlich, voller Fragen, verletzlich oder auch mutig und stark. Liebe deinen Nächsten, er ist wie du. Das hat etwas Entwaffnendes. Es heißt: Begegne dem anderen so wie du es brauchst, dass man dir begegnet.
Thomas Schmückle
Pastor Evangelisch -methodistische Kirche , Ludwigsburg

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