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Andacht- und Predigt Archiv

Friede sei mit euch!

Veröffentlicht am Fr, 10.04.2015
von Guido Hirschbühl, Pastoralreferent i. R.

Auweia, in diese Falle wollte ich nie mehr tappen - und prompt bin ich wieder reingefallen. Jeder trägt vernarbte Verletzungen aus frühester Kindheit in sich, die wir vielleicht schon längst vergessen oder verdrängt haben. Unversehens tritt jemand darauf, ohne darum zu wissen. Die Wunde bricht auf und tut wirklich weh. Keiner ist schuld und trotzdem ist der Betroffene unfrei in seiner Reaktion, unfrei in seinen Gefühlen.
'Die Hölle, das sind die anderen', heißt es in Jean Paul Sartres Stück 'Bei verschlossenen Türen'. Es handelt von drei Menschen, die sich unfreiwillig in einem abgeschlossenen Raum befinden und dazu verdammt sind, für immer zusammenzubleiben. Sie verweigern einander in dieser Situation die Menschlichkeit und machen sich so das Leben zur Hölle.
Hinter verschlossenen Türen befinden sich auch die Jünger Jesu nach seinem Tod. Sie sind gefangen in der Hölle aus Angst, Zweifel und Schuld. Sie hatten Jesus in seinen bittersten Stunden die Menschlichkeit verweigert und ihn verlassen. Und in diese scheinbar ausweglose Situation, so berichtet uns das Evangelium vom kommenden Sonntag, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch. Die Verzweiflung schlägt um in Freude. Dies erst mal nicht, weil sie was verstanden hätten, sondern weil er ihnen begegnet ist voller Menschlichkeit und Barmherzigkeit und ohne irgendeinen Vorwurf. Nur das: 'Friede sei mit euch.' So eine Begegnung kann die Hölle zum Himmel werden lassen. Der Himmel, das sind dann auch die anderen.
Die Jünger erzählen dem Thomas, der nicht dabei war, von dieser Begegnung. Er kann die Freude nicht teilen. Wie sollte er auch? Er zweifelt an dieser Gegenwart Jesu. Da steht er uns sehr nahe in so vielen Situationen unseres Lebens. Erst als Jesus auch ihm persönlich begegnet, schlägt sein Zweifel, seine Angst um in das tiefe Bekenntnis: 'Mein Herr und mein Gott!' Auch das ist ein Glaube, ein Vertrauen, das nicht aus einer Erkenntnis erwachsen ist, sondern aus der Begegnung mit Jesus, der ihm keinen Vorwurf macht, sondern einfach in dieser Situation für ihn da ist.
Wie dem Thomas, so begegnet Jesus auch uns - jeder und jedem von uns. Keine unserer Verwundungen sind ihm fremd, keine Schuld. Doch da ist kein Vorwurf. Da ist nur die Zusage: Der Friede sei mit dir.

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