Ein Mensch durch denn die Sonne scheint

Veröffentlicht am Fr, 29.01.2016
von Horst Rüb
Pfarrer, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Pfarramt Martinskirche -

Als sie an der großen Kirche am Marktplatz vorbeikommen, sagt er: „Mama, sieh mal, die Fenster sind so dreckig, dass man gar nicht mehr erkennen kann, was für Bilder darauf gemalt sind!“ Und in der Tat sind die Fenster völlig mit Staub und Ruß zugedeckt.

Dann aber geht die Mutter mit Steffen in die Kirche hinein. Jetzt staunt der Junge, wie bunt die Fenster auf einmal leuchten. Verschiedene Figuren sind auf ihnen abgebildet, und durch eine dieser Figuren fallen gerade ein paar besonders kräftige Sonnenstrahlen. Der ganze Kirchenraum ist erfüllt von dem warmen und farbenprächtigen Licht, das durch dieses Glasfenster kommt. Steffen will es genau wissen und deutet mit dem Finger auf die lichtdurchflutete Figur: „Wer ist denn das?“ Die Mutter antwortet: „Das ist der heilige Martin.“

Einige Zeit später fragt Steffens Lehrer in der Religionsstunde: „Wer von euch kann mir sagen, was ein Heiliger ist?“ Steffen meldet sich sofort: „Ein Heiliger ist ein Mensch, durch den die Sonne scheint!“

Solche Menschen, durch die die Sonne scheint, kann es gar nicht genug eben, denke ich. Men-schen, die überall da, wo es finster und kalt ist, wo alles vom Staub und Ruß und dem Hass und Lieblosigkeit dieser Welt zugedeckt ist, Licht und Sonne bringen – und sei es auch nur durch ein fröhliches Lachen, durch ihre Hilfsbereitschaft oder einfach durch die menschliche Wärme, die sie verströmen. Heilige im sprichwörtlichen Sinn brauchen sie dazu gar nicht sein.
Wo wir einem solchen Menschen im Alltag begegnen und durch ihn ein Licht in der Dunkelheit unserer Welt aufleuchten sehen, da lasst sich leben.

Der heilige Martin hat einer evangelischen und der katholischen Kirche in Kornwestheim den Na-men gegeben. Als Erinnerung, was für ein beeindruckender Mann dieser Martin war, der stets den Armen geholfen hat und so zu einem Mensch wurde, durch den die Sonne scheint.