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Andacht- und Predigt Archiv

Die Zeichen der Zeit

Veröffentlicht am Fr, 04.04.2014
von Franz Nagler
Pfarrer / Kath. Kirche, Kath. Kirchengemeinde St. Martinus Kornwestheim

In der Kulturwissenshaft wird vom einem  „entproblematisierten  Europäer, der sein Amüsement darin findet, Kammerdiener seiner Kultur zu sein und froh ist, wenn er einen noch so schlüpfrigen Notausgang aus seiner Geschichte erreicht“ (R. Altmann), gesprochen.  Das mag in vielem zutreffen. Gegen diese Entproblematisierung hat das 2. Vatikanum eine Methode entwickelt, die dann vor allem in Lateinamerika in deren Befreiungstheologie aufgegriffen wurde, wenn es von den „Zeichen der Zeit“ spricht. Wörtlich heißt es im 2. Vatikanum: „Zur Erfüllung ihrer Aufgabe obliegt der Kirche durch die Zeit die Pflicht, die Zeichen der Zeit zu erforschen und im Licht des Evangeliums auszulegen, so dass sie in einer der jeweiligen Generation angemessenen Weise auf die beständigen Fragen der Menschen nach dem Sinn des gewärtigen und des zukünftigen Lebens und nach ihrem gegenseitigen Verhältnis antworten kann.“ (GS 4) Es war schon Jesus der seiner Generation fragend vorwarf: Warum könnt ihr…die Zeichen dieser Zeit nicht deuten? (Lk 12,56) Gegen eine Entproblematisierung der Geschehnisse, die oft eine rein pragmatische Lebensweise  nach sich zieht, gilt es sowohl die Zeichen der Zeit zu sehen, wo Handeln am nötigsten ist, um Menschen zu retten, um Unheil abzuwenden, als auch die Zeichen von Aufbrüchen wahrzunehmen, wo Menschen schon in diese Richtung gehen. Gemeint ist damit sicher nicht der sogenannte Zeitgeist. Diese Zeichen der Zeit sind dann nach dem 2. Vatikanum im Lichte des Evangeliums zu sehen und nicht umgekehrt das Evangelium im Sinne heutiger Verständnishorizonte. Nun sind die biblischen Texte ja selbst unter einem bestimmten historischen Kontext geschrieben, so dass mit einer bestimmten Option an die Texte herangegangen werden muss, einer Option, die sich für uns Christen an Jesus Christus, als Weg, Wahrheit, Leben und Licht der Welt orientiert. Diese Option muss insgesamt mit der biblischen Rede von Gott übereinstimmen, der Gerechtigkeit, Barmherzigkeit, Leben in Fülle für alle Menschen will. Es ist die vornehmste Aufgabe der Christen unter diesem Licht auf die Zeichen der Zeit zu reagieren und zu handeln. Das Misereorthema vom letzten Sonntag: „Mut ist zu geben, wenn alle nehmen“, setzt diese Spiritualität in die Tat um. Wenn es ein Zeichen der Zeit ist, dass viele raffen, dann heißt dies im Licht eines sich selbst gebenden Gottes, dass die an ihn glaubenden Leben teilen. Ob dies dann gelingt, dazu haben die Betroffenen selbst die Definitionshochheit. So bleibt es allen Kreisen als Aufgabe gestellt, die Zeichen der Zeit im positiven wie negativen Sinne zu sehen, sie im Lichte des befreienden Gottes zu deuten, um das Leben daran auszurichten.

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