Auch in schweren Tagen

Veröffentlicht am Fr, 05.08.2016
von Herbert, Pastor i. R. Seeger

„Und was haben Sie davon?“ Das will ich Ihnen erzählen. An Gott zu glauben heißt nicht, vor Schwerem bewahrt zu werden. Ich litt an einer schweren Darmerkrankung. Es passierte natürlich am Wochenende. Mein Sohn riet mir zur Notfallambulanz im Krankenhaus. Nach fünf Stunden kam ich dran. Erste Untersuchungsergebnisse waren schlecht, der Oberarzt riet zur sofortigen Operation mit künstlichem Darmausgang. Die Chefärztin entschied nach Einsicht anders: Erst die Entzündungen abklingen lassen, in vier Wochen sehen wir weiter. Ein paar Tage hungern und Schleimsuppe und etwas Aufbau, dann wurde ich fürs Erste entlassen. Krank werden kann jeder – auch der Glaubende.

Nach einer Woche bin ich auf dem Friedhof, um verwelkte Blumen abzuräumen. Als ich mich aufrichte, versagen mir die Beine. Im Fallen drehe ich mich etwas, um nicht auf den Kopf aufzuschlagen. Zwei Friedhofsmitarbeiter sind sofort bei mir. Ich will nach Hause fahren, doch es geht nicht. „Wir rufen den Krankenwagen.“ In der Klinik wird geröntgt, zweifacher Bruch des Sprunggelenks. Nach Verlegung in die erste Klinik wird dort operiert. Mein Glaube, hat er mich verlassen? Nein.

Nach sechs Wochen erst soll ich den schweren Schutzstiefel wieder loswerden. Nur mit 20 Kilogramm belasten! In­zwischen bekomme ich viele Besuche, ermutigende Post, Anrufe. Ein Enkel kommt mit dem Urenkel 120 Kilometer mit dem Zug, um den Opa zu erfreuen. Ein anderer Enkel ruft von einem Arbeitseinsatz in der Schweiz auf 2000 Meter Höhe an: „Opa, ich denk an dich!“ So sagen junge Leute, wenn sie die Fürbitte meinen. Ich kann im Krankenhaus und im Pflegeheim ein Zeuge sein, dass mir Gott auch in schweren Stunden beisteht.

Und das Beste – geschieht. Nach einer Koloskopie entscheidet die Chefin: „Eine OP ist nicht mehr notwendig!“ Gott hat mir durchgeholfen, auch in schweren Tagen – so oder so. Auch wenn ich jetzt noch laufen lernen muss.