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Andacht- und Predigt Archiv

Atempause (auch) für gute Arbeit!

Veröffentlicht am Do, 03.10.2013
von Martin Zahner, Ludwigsburg
von Franz Nagler
Pfarrer / Kath. Kirche, Kath. Kirchengemeinde St. Martinus Kornwestheim

In der vergangenen Woche lud die Katholische Arbeitnehmerbewegung in einer öffentlichen Aktion in Freiberg a.N. Passanten zu einer „Atempause - für gute Arbeit“ ein. So machte sie darauf aufmerksam, wie wichtig im Arbeitsleben Pausen, wie z.B. der arbeitsfreie Sonntag sind. Die angebotenen Liegestühle blieben jedoch weitgehend leer.
Wir kommen nicht mehr zur Ruhe, weder bei der Arbeit noch in der Freizeit. Ich erlebe immer mehr Kolleginnen und Kollegen „atemlos“, gehetzt, fast ständig unter Strom. Die berühmten Akkordpausen in der Produktion sind vielerorts längst Geschichte. Auch anderswo erinnern sich nur noch die ganz Alten an gemütliche Kaffeepausen in der großen Runde. In den sozialen Berufen klagen viele, dass sie weder genug Zeit für die ihnen anvertrauten Menschen, noch zum kollegialen Austausch haben. Fast überall stellen wir in den letzten Jahren eine deutlich spürbare Arbeitsverdichtung fest.
Sicher, auch die Technik trägt viel dazu bei. Mit Notebook oder BlackBerry kann ich heute überall arbeiten, bin über Smart- oder I-Phone zu allen Tages- und Nachtzeiten erreichbar. Wie viele nehmen ihre dienstlichen Geräte selbst in den Urlaub mit? Natürlich nur „für den Fall des Falles“, aber Hand aufs Herz, wer schafft es da noch wirklich, Pause zu machen, ganz abzuschalten? Ich kenne einen Geschäftsführer, der darauf bestand, dass die BlackBerrys seiner Führungsriege während deren Urlaubszeit im Betrieb abgelegt werden. So hoffte er, danach erholte und leistungsfähige Mitarbeiter zu haben.
Leider ist das nicht überall so. Ein Projekt jagt das nächste. Wenn jemand in den Ruhestand geht, wird die Arbeit auf die Übriggebliebenen verteilt, immer mehr Aufträge müssen immer zeitnaher abgewickelt werden. All das nehmen wir mit in unsere Freizeit und hetzen selbst dort fröhlich von Event zu Event.
Kein Wunder, dass die Seele von immer mehr Menschen bei diesem Tempo „ausbrennt“...
Wo soll der Raum für Atempausen herkommen? Dazu braucht es neue, vielleicht fremde Fragen. Wer bin ich wirklich? Wo sind meine gesundheitlichen und persönlichen Grenzen? Was kann ich leisten, was nicht? Was ist mir wirklich wichtig im Leben? Will ich z.B. wirklich Karriere machen um jeden Preis?
Vielleicht entdecken wir dabei, dass wir so etwas gelassener werden, oder dass es noch etwas Wertvolleres gibt als den beruflichen Erfolg, oder auch nur, dass es sich nach einer echten Unterbrechung effektiver arbeiten lässt...
Ich bin davon überzeugt, dass es selbst heute in mancher Arbeitssituation kein Drama wäre, wenn man einmal einen Gang herausnähme und etwas innehielte.
Dazu ist allerdings Mut gefragt und Phantasie.Martin Zahner, Ludwigsburg, Betriebsseelsorger, kath. Kirche

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