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Andacht- und Predigt Archiv

Alles unter Kontrolle

Veröffentlicht am Fr, 26.09.2014
von Bettina Zehner
Diakonin, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Diakonat -

Neulich beim Sport. Am Ende beobachte ich, wie jemand auf seiner Uhr herumdrückt und werde neugierig. Auf Nachfrage wird mir erklärt, dass dieses Teil etwas ganz Tolles ist. Damit kann man nämlich fast alles messen: Den Blutdruck, die Blutfettwerte, wie viele Kalorien man schon zu sich genommen hat, wie viele Schritte man heute gelaufen ist (und wie viele man noch laufen sollte) und vieles mehr. Zuhause kann das alles ausgewertet werden. „Ah“, denke ich, „das ist ja interessant und ich habe nicht mal eine Pulsuhr“. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr Fragen stellen sich mir.
Für was sollen diese ständigen Kontrollen gut ein? Soll dadurch der Gesundheitszustand überprüft werden und damit Krankheiten vorgebeugt, auf Krankheiten aufmerksam gemacht werden? Oder steht hinter den Kontrollen letztendlich der Wunsch, sich selbst und den eigenen Körper in den Griff zu bekommen, damit nichts Unvorhergesehenes mehr passieren kann?
Sich selbst in den Griff zu bekommen ist gar nicht so einfach, weil der Mensch ja immer auch emotional reagiert. Ich frage mich, wie ich damit umgehen würde, wenn mir mein Gerat ständig erklärt, dass ich zu wenig Schritte gelaufen bin. Ich glaube, ich wäre frustriert. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass es Menschen gibt, die ganz verbissen versuchen das Schrittziel zu erreichen. Wahrscheinlich fördert beides nicht die Gesundheit.
Wird unsere Gesundheit durch ständiges Kontrollieren besser? Oder werden wir nur dazu verleitet uns in scheinbarer Sicherheit zu wiegen, dass nichts Unvorhergesehenes mehr passieren kann? Ich glaube, dass diese Vorstellung sehr gefährlich ist, denn letztendlich gibt es keine Sicherheit. Auch die optimalste Kontrolle schützt nicht davor, doch zu erkranken.
Oder geht es vielleicht sogar in die völlig andere Richtung und wir verlieren durch die Nutzung dieser Geräte den Bezug zu unserem Körper, unserer Wahrnehmung, unserem Gefühl und auch zu unserer Umgebung?
Und dann ist da noch die spannende Frage, was mit den Daten passiert, die wir über uns und unseren Körper gesammelt haben. Im besten Falle werden sie abgespeichert und liegen  unbesehen in einem Ordner, wie all die tausend Bilder. Ich hoffe wirklich, dass nicht eines Tages die Idee aufkommt, diese Daten mit den Krankenkassen zu vernetzen.
Große Probleme habe ich auch damit, dass eine kleine Maschine mich ständig kontrolliert und mir auch noch Rückmeldung gibt, ob ich alles richtig mache, im optimalen Bereich bin und so auch meine Handlungen bestimmt. Was macht es mit Menschen, wenn sie ständig kontrolliert werden, sich ständig kontrollieren lassen?
Werden wir durch Kontrollieren und Optimieren besser? Werden wir dadurch zu besseren Menschen?

Diakonin Bettina Zehner

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