Alles ändert sich

Veröffentlicht am Fr, 23.02.2018

Mit über neunzig Jahren erzählte er gerne vom Leben in dem Dorf, in dem er aufgewachsen war. Eine Wasserleitung hatte es in seiner frühen Kindheit nicht gegeben. So konnte er davon berichten, dass er und seine Geschwister immer wieder zum Wasserholen an den Brunnen geschickt wurden. Beeindruckend für mich vor allem war seine Schilderung der Abende im Dorf. Immer wieder sagte er: In meiner Kindheit war es im Dorf nach Sonnenuntergang dunkel. Man hatte Gaslampen in den Häusern, aber keine Straßenlaternen.
„Können Sie sich vorstellen, wieviel sich seither verändert hat“, sagte dieser ältere Herr gerne. Er reflektierte die Veränderungen, die er im Laufe seines Lebens mitgemacht hat. Er war sich sicher, dass diese Veränderungen immer schneller ablaufen würden und fühlte sich bestätigt, als er entdeckte, dass seine Geburtstagskarte mit dem Computer gestaltet worden war.
Diese Veränderungen umfassen technische, gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Ansichten über das, was gut oder richtig ist, ändern sich. Vorstellungen über ein gelingendes Leben sind heute ganz anders als vor einigen Jahrzehnten. Die Digitalisierung schreitet immer schneller voran, so schnell, dass gar nicht mehr einzuschätzen ist, welche Folgen das für unser Leben haben wird. Auch die Globalisierung, die wirtschaftliche Verflechtung mit fernen Ländern, die Ströme von Migranten auf der ganzen Welt, die Berührung mit fremden Kulturen, schreitet immer schneller voran. Auf religiösem Gebiet muss man mittlerweile zwischen viel mehr Angeboten auswählen, als das früher der Fall war.
Immer mehr Menschen haben das Gefühl, dass sie von diesen Entwicklungen abgehängt werden, nicht mehr mitkommen. Das Leben wird anstrengender. Doch es führt kein Weg daran vorbei. Man muss sich den Veränderungen stellen. In dumpfem Protest das Alte herbeisehnen und zurückgehen wollen, führt nicht weiter. Nur wenn wir Veränderungen akzeptieren, können wir sie auch gestalten.