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Andacht- und Predigt Archiv

Advent

Veröffentlicht am Fr, 29.11.2013
von Franz Nagler
Pfarrer / Kath. Kirche, Kath. Kirchengemeinde St. Martinus Kornwestheim

Der französische Theologe Joseph Moingt schrieb: „Gott existiert für uns, in unserer Sprache, in unserer Welt nie anders, als so, wie wir ihn als unseren Gott existieren lassen.“ Aber, so müssen wir ja wohl bekennen: Gott existiert für sich selbst. Also haben wir zu ihm nur in dem Maße Zugang, in dem wir bereit sind, uns von unserem Bemühen zu befreien, ihn zu unserem Eigentum zu machen. Wir haben Zugang zu ihm, indem wir ihn anders sein und für andere existieren lassen. Am Sonntag beginnt die Adventszeit, eine Zeit der besonderen Erwartung des Ankommens Gottes, eine Zeit der Gottessuche. Jesus sagte einmal: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe.“ (Joh 16,7). Wie also ihn finden den fortgegangenen Menschgewordenen? Der Heilige Paulus ist damals in die Welt hinausgezogen, um den Fortgegangenen in der den Juden mitunter fremden griechischen Kultur zu finden. Er zog aus seiner jüdischen Kultur aus, um zum Glauben der Söhne und Töchter zu finden, jener, die nicht mehr Sklaven, sondern Söhne und Töchter Gottes sind. Gott ist ein pilgernder Gott, der sich nicht in die engen Grenzen, Vorstellungen, Traditionen und Konfessionen einsperren lässt. Im Gegenteil Gott hält Ausschau nach den Menschen und wird gerade dort gefunden, wo Menschen nach ihm Ausschau halten. Er hält Ausschau nach denen, die nach ihm Ausschau halten. Er ist in unserem Suchen gegenwärtig. Wenn wir beten, heißt es im Römerbrief (8,26), betet Gottes Geist selbst in uns mit Seufzern, die nicht in Worte gefasst werden können. Meister Eckhart betonte einmal, dass das Auge, mit dem wir auf Gott schauen, und jenes, mit dem Gott auf uns schaut, ein und dasselbe Auge ist. Der Advent beginnt mit der Aufforderung wachsam zu sein, das Leben nicht zu verschlafen, denn Gottes Ankunft im Leben kommt plötzlich und unerwartet, wie der Dieb in der Nacht.  Diese geforderte Wachheit bedarf des Wahrnehmens der Geschehnisse in der Welt, in unserer Umgebung. Wenn Gott der Fortgegangene ist, dann ist er nur zu entdecken in der ganzen Lebenswelt, im Anderen, im Fernen, im Nahen. Wenn das 2. Vatikanum anmahnt: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrückten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi“ (GS 1), dann schreibt es dies nicht nur aus einer Option für die Mitmenschen, sondern  auch, weil in solcher Haltung Gott selber in den Menschen gefunden  und entdeckt wird. Gott ist zu entdecken in den verschiedenen Kulturen und Religionen, wo Leben nicht unterdrückt, sondern gelebt wird. Das Wort vom aggiornamento (Aktualisierung) des 2. Vatikanums  will nichts anderes als dem entgegenwirken, dass Gott in Traditionen eingesperrt wird und dadurch verloren geht, weil nur noch die Form, aber nicht mehr Gott wirkt. Gott will immer wieder in den verschiedenen Ausdrucksformen de Lebens entdeckt werden. Der Advent ist eine gute Zeit, um wieder neu auf das Leben und die Botschaft Jesu in den Evangelien zu hören.

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