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Andacht- und Predigt Archiv

100 Äpfel gerecht verteilen

Veröffentlicht am Fr, 23.01.2015
von Bettina Zehner
Diakonin, Evang. Kirchengemeinde Kornwestheim - Diakonat -

Beim Autofahren erreicht mich folgende Nachricht: 2016 werden 1% der Menschen über mehr Vermögen verfügen, als der gesamte Rest zusammen. Hoppla, ich hatte ja vermutet, dass die Verteilung sehr ungleich ist – aber gleich so? Dazu kommt noch, dass diese 1% im Jahr 2014 nur 48% des Vermögen besaßen. Die Ungleichverteilung und damit die Ungerechtigkeit werden also immer größer.
Diese Nachricht spukt mir den ganzen übrigen Tag im Kopf herum. Jetzt muss ich mal schauen, ob ich das richtig verstanden habe und versuche mir das konkret zu übersetzten.
Am besten ich rechne mit Äpfeln. Also: demnach besitzt 1 Mensch 51 Äpfel und die restlichen 99 teilen sich 49 Äpfel. Ob meine Rechnung stimmt? Zur Sicherheit frage ich meine beiden Männer zuhause. Ja, so die zweistimmige Antwort, das sei richtig.
Ich überlege weiter – weil der eine 51 Äpfel hat und die nicht alle essen kann, macht er Apfelsaft daraus und den verkauft er wieder an die anderen. Und macht wieder Gewinn. Bald wird er nicht nur 51 Äpfel haben, sondern noch mehr.
Ich rechne weiter. Von den 49 Äpfeln, die übrigbleiben, fällt dann auf jeden Menschen ca. ein halber Apfel, besser gesagt: 2 teilen sich einen Apfel.
Nur, so ist es ja in Wirklichkeit nicht. Die übrigen 49 Äpfel verteilen sich nämlich wieder sehr ungerecht. Manche Menschen haben mehrere Äpfel, andere Apfelschnitze, manche ein Stück Schale, und ganz viele haben nur Butzen, Stil und Kerne - oder gar nichts.
Wie könnte eine bessere Apfelverteilung aussehen? Ganz klar, einfache Überlegung: Der mit den 51 Äpfeln könnte ein paar abgeben. Angenommen, er würde von seinen 51 Äpfeln, sagen wir 25 abgeben (ich bin ja kein Unmensch und auch nicht maßlos) und die würden an die anderen gleichmäßig verteilen werden, dann hätte er noch 26 Äpfel (im Verhältnis eigentlich immer noch zu viel) und von den 99 hätte jetzt jeder fast einen dreiviertel Apfel. Na, das wär doch was.
Nur, jetzt hab ich vergessen zu berücksichtigen, dass die restlichen Äpfel doch auch ungleich verteilt waren. Die gleichmäßige Verteilung der Äpfel würde also nur weitere Ungerechtigkeit hervorrufen und Ungleichverteilung zementieren.
Ich überlege weiter, rechne und verteile die 25 Äpfel hin und her. In meinem Kopf herrscht ein Apfelchaos. Nie schaffe ich es, eine halbwegs gerechte Verteilung zustande zu bringen. Ich gebe es auf. Das bringt alles nichts. Die Äpfel werden wohl immer ungerecht verteilt bleiben.
Mein Kopf wird wieder klarer. Dann fällt mir auf, dass ich immer nur 25 Äpfel verteilt habe, immer davon ausgegangen bin, dass nur dieser eine Mensch zu viel hat.
Vielleicht hat damit das ganze Elend angefangen. Dass jeder immer nur gemeint hat, nur der andere hätte zu viel und müsste was abgeben.   

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